Kammern des Schreckens

Dienstag, 30. September 2014

Gemeinsam unsere Nasen auf Papier drücken


Ich schäme mich beinahe, hier dasselbe Buch vorstellen zu müssen wie Samstag beim Saturday Sentence. Bin nun einmal aufgeregt. Da lese ich nicht ganz so viel wie sonst. Morgen findet meine erste Universitätsveranstaltung statt, eine Art supertöfte und megaknorke Führung durch Münster. Ich bin so begeistert, vor allem über die Kneipengänge, dass ich beinahe hyperventiliere und heute Abend sicher noch an Asthma erkranke. Nein, mal im Ernst. Ich freue mich riesig über mein allererstes Biosemester, aber eigentlich will ich ja studieren und nicht auf Saufgelage mit irgendwelchen Studenten, die ich doch eh nicht mag, weil ich nämlich soziophob bin.
Übrigens, diese Rechtschreiberkennung kennt das Wort "soziophob" nicht, genausowenig "Kneipengänge" oder "megaknorke". Alles hier rot unterkringelt. Muss man sich Sorgen machen?
Noch was: Wenn man eines dieser Piercings hat, so zwischen den Zähnen, wie oft am Tag fragen einen die Leute, ob man Spinat gegessen hat? Oder Salat?
So viele Themen, die mich den ganzen Tag beschäftigt haben. Dazu kommt noch die Erzählung, an der ich sitze, von der ich gestern beschlossen habe, dass ich sie behämmert finde. Lesen ist auch irgendwie einfacher, als schreiben.

Jetzt habe ich alle Leute, die nur meinen Beitrag zum Gemeinsamen Lesen lesen wollten, dazu gezwungen, sich mein Leid anzuhören. Wir Soziophobe, wir wissen nun einmal nicht, wie man sich benimmt. Aber hier:



1. Welches Buch liest du gerade und auf welcher Seite bist du?

69 / 290
2. Wie lautet der erste Satz auf deiner aktuellen Seite?
Bald wird es billige Klone geben, minimalistische, auf eine einzige Funktion reduzierte Kreaturen, die in Fabriken und Minen arbeiten. [S. 69]


3. Was willst du unbedingt zu deinem aktuellen Buch loswerden? (Gedanken dazu, Gefühle, ein Zitat, was immer du willst!)
Ich bin noch nicht hundertprozentig überzeugt von der Lektüre, einfach, weil der Schreibstil mich noch nicht packen konnte. Er ist relativ unspektakulär, dabei stellt man sich das bei einem so krassen Thema wie Klonen und Hitler ganz anders vor. Gerade eben aber musste ich ein bisschen kichern, das ist ein gutes Zeichen. Ich weiß nur nicht mehr, was ich gelesen habe, weshalb ich kichern musste. Na toll.

Allerdings hat das Buch noch etwas, was ich mag - ich hatte mich für ein kostenloses Exemplar auf LovelyBooks beworben, wurde aber leider nicht aus dem Lostopf gezogen. Irgendeiner der Gewinner hat sich dann jedoch nicht gemeldet und somit wurde ich nachgelost, was mich sowas von überrascht hat, dass ich vor Freude im Dreieck gesprungen bin. Dabei hätte sonstwas passieren können. Ich habe mir zwar noch nie etwas gebrochen, aber das wäre der perfekte Zeitpunkt dafür gewesen. Außerdem passieren soundsoviele tödliche Unfälle im Haushalt. Ja, aber hallo!

Ach ja, nachgelost ... und genau deswegen hat der Roman an sich schon was gut bei mir. :)

4. Wenn du zum jetzigen Zeitpunkt in das Buch "springen" könntest - welche Figur würdest du gerne sein und warum?

Darf ich A. H. 6 sagen? Sprich: der sechste Hitlerklon. Ich bin ganz und gar nicht rechts, aber ich war noch nie Hitler, wäre auch mal was anderes als immer wieder Marilyn Monroe (die bin ich ja schon 24/7). Ehrlich gesagt finde ich die Figuren alle noch nicht so spannend, der Protagonist hat einfach nur eine Schraube locker, sein Sohn ist in Ordnung (aber er hat ja einen seltsamen Vater), die Exfrau hat offensichtlich keinen Geschmack und ansonsten ... bleibe ich wohl beim Dolfi.

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Sonntag, 28. September 2014

So viel Leben passt in eine winzige Schachtel.

 Edward St Aubyn 
Der beste Roman des Jahres




Den diesjährigen Gewinner des Elysia-Preises, der normalerweise für Literatur vergeben wird, ernennt die wohl kompetenteste Jury überhaupt. Warum nur häufen sich die Probleme? Intrigen und Skandale, Beziehungen und Bindungen, Familiengeschichten und seltsame Zufälle erschweren die Wahl. Befinden wir uns hier in der Literaturbranche oder drehen wir Hollywood-Filme?
 Jeder Autor ist überzeugt von seinem Werk, bis auf Lakshmi Badanpur, deren Kochbuch es durch ein Missverständnis auf die Longlist geschafft hat. Und wessen Werk einfach unbeachtet blieb, der hat mit noch viel größeren Schwierigkeiten zu kämpfen: dem Ego eines jeden Künstlers und dem tödlichen Strudel der romantischen Liebe.

Auf den ersten Blick kommt Der beste Roman des Jahres daher wie die mit Abstand eleganteste Schachtel Zigaretten weit und breit. Auch sein Inhalt gleicht einem der schädlichen Zylinder, nur eben, dass er im Grunde vollkommen gesundheitsneutral ist, es sei denn, man vergisst das Essen und Trinken oder gar Atmen beim Verzehr der süchtig machenden Lektüre. 

Es handelt sich hierbei um eine unterhaltsame Satire, die mit überraschenden Wendungen, realitätsnaher und glaubhafter Komik, immer aktueller Thematik und zuletzt sogar mit einer gewissen (kriminellen) Spannung aufwartet. Dem Leser drängt sich angenehmerweise eine unbändige Lust auf, zu schreiben  - so hielt auch ich selbst mitten in der nächtlichen Atmosphäre stets einen Notizblock bereit, um eventuell die Lektüre zu unterbrechen, weil mir eigene, verrückte Ideen gekommen waren. Verschiedenste Facetten des Leser- und Schreiberdaseins werden beleuchtet, teilweise liest man Texte mit den Protagonisten mit, die (bezieht sich auf Texte und Charaktere zugleich) unterschiedlicher nicht sein können - eine genüsslichere Inspiration kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. 


Beinahe paradox ist die Liebe zum Detail, die raffinierte Handwerkskunst einer wie mit der Pinzette zurecht gerückten Geschichte, wenn man deren komprimierte Form bedenkt. Angemessene Längen, aber auch beabsichtigte Dynamik hängen gänzlich von der jeweiligen Figur ab, aus deren Perspektive der Leser die Welt gerade beobachtet. In dieser Hinsicht erinnert die spezielle Schreibweise fast Koeppens Tauben im Gras, nur in einer sofort verständlichen und bescheideneren Form, jedoch auch mit dem Fokus der Handlung auf ein öffentliches Event, welches außerdem durch die Anwesenheit aller bekannten Personen ein gewisses Chaos beherbergt. Soll heißen, dass an dieser Stelle die Tendenz zur Überforderung gegeben ist.

Der Autor beschäftigt sich mit der Frage nach dem Wesen der Literatur. Ist sie nicht schlicht und ergreifend Kunst? Sind nicht alle wirklich guten Romane Kunstwerke und somit aufgrund ihrer Einzigartigkeit unvergleichbar? Vielmehr spielt scheinbar bei der Erstellung einer Longlist alles andere eine Rolle: Politik, Geld, Macht, Sex, menschliches Versagen, Missverständnisse und nach einer äquatorlangen Kette auch irgendwann, beinahe unbedeutend: der ganz und gar eigene Geschmack. 



Über dieses Werk enthusiastisch zu behaupten, es sei der beste Roman des Jahres, käme einer Beleidigung gleich, die dreister nicht ausfallen könnte. Wer solch eine Lektüre für irgendeinen Buchpreis nominieren würde, wäre entweder bodenlos frech, oder aber hätte ihre hauptsächlichen Thesen nicht annähernd verstanden. 

Ich wage jedoch zu behaupten, dass ich für mich persönlich feststellen darf, in diesem Jahr nur wenig Vergleichbares gelesen zu haben. 



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Edward St Aubyn, Jahrgang 1960, wuchs in England und Südfrankreich auf und lebt zur Zeit in London. Er ist Journalist und hat bereits mehrere Romane veröffentlicht, am bekanntesten wahrscheinlich seine Melrose-Saga, in welcher tragische und traumatisierende Erfahrungen mit der britischen upper class verarbeitet wurden. Charakteristisch für den Autor ist sein effektvoller Sarkasmus.

Der beste Roman des Jahres
erschienen am: 01.09.2014
Verlag und Bildquelle: Piper
Seiten: 256 (Hardcover)

ISBN: 978-3-492-05435-5
Preis: 16,99€ [D]


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Samstag, 27. September 2014

[3] Saturday Sentence


Der zehnte Satz auf Seite 158 meiner aktuellen Lektüre. 
___________________

„Der Klon ist in ganz Europa verboten.“
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Freitag, 26. September 2014

[3] Wölkchens Freitagsfragen


Warum ist es eigentlich erst das dritte Mal, dass ich bei dieser Aktion mitmache? Ja, das frage ich mich. Schon seit etwa fünf Minuten sogar. Ich glaube, es ist so, weil ich vor diesem Tag erst zweimal mitgemacht habe. Die einzig logische Erklärung. Das war nun das perfekte Training, bevor ich damit beginne, Wölkchens diesmalige Fragen unter die Lupe zu nehmen. 


1. Schreibst du Rezensionen zu Büchern? Inwieweit lässt du dich selbst von Rezensionen beeinflussen?


Ja, ich schreibe Rezensionen zu Büchern. Und das, obwohl ich selber noch nie ein Buch geschrieben habe. An sich paradox, weil man sich als Experte auf einem Gebiet aufspielt, in dem man selber noch nie etwas bewirkt hat. 

Ich lese Rezensionen nie, wenn ich gerade zu demselben Buch eine eigene Rezi verfasse. Ich hasse es, von mir selber zu meinen, ich hätte irgendwas abgekupfert. Je nach Verfasser ist es aber so, dass man sich durch das Lesen der Meinung anderer viel ausgedehntere Sichtweisen auf das Buch an sich verschaffen kann. Das schätze ich auch an Leserunden sehr. 
Außerdem muss ich zugeben, dass ich, nachdem ich eine besonders gelungene sehr positive oder sehr negative Bewertung gelesen habe, mich umso mehr für das Buch interessiere. Selbst, wenn es als schlecht verschrien ist, macht mich das noch einmal extra neugierig. 

2. Abgesehen von Bücherblogs, welche Blogs liest du noch?

Früher habe ich es geliebt, in Fashion-Blogs zu stöbern (gar nicht so lange her), aber inzwischen beschränkt sich mein Interesse auf Literatur- und Buchblogs. Beinahe. Ich schaue mir auch gern solche an, deren Autoren künstlerisch / fotografisch interessiert sind und hauptsächlich Bilder posten. Das ist eine wohltuende Abwechslung, nachdem man sich schon die Augen halb kaputt gelesen hat. Und man staunt, was es so für Talente da draußen gibt. :)

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Donnerstag, 25. September 2014

Liebster Ähwoard




Am Titel und Bild sieht man ja, was geschehen ist: Die Welt ist untergegangen. Ich sitze noch einigermaßen sicher auf einem hohen, spitzen Pfahl. Ziemlich anstrengend, weil er wackelt und meinem Po wehtut. Ihr alle wisst es vielleicht noch nicht, aber die neue große Flut ist gekommen. Gleich schwappt sie über euch hinweg und ihr seid tot. Schade eigentlich.

Hoppla, wo kommen denn die Tag-Fragen her? War das vielleicht ... Janine, aus ihrer Welt der Bücher? Womöglich ist deren Beantwortung und danach das Taggen anderer Blogger (mit weniger als 200 Lesern) die Rettung? Ein Erfinden neuer Fragen das magische Zauberwort? Was rede ich überhaupt noch?


*  *  *

1) Habt ihr schon mal an einer oder mehreren Leserunde/n teilgenommen? Wenn ja, habt ihr da auch manchmal das Gefühl, das jeweilige Buch, höher bewertet zu haben, nur weil ihr euch so ausgiebig mit der Geschichte beschäftigt habt?

Ich nehme regelmäßig an Leserunden teil, hauptsächlich auf LovelyBooks. Da ist die Wahrscheinlichkeit, ein Buch zu gewinnen, einfach am höchsten. Manchmal fällt mir eine ehrliche Bewertung besonders schwer, wenn der Autor die Runde begleitet und dann noch sympathisch ist. Davon und von den bei Leserunden überwiegend positiven Meinungen wird man ja auch ganz schön beeinflusst. Man durchkämmt den Wald von vielen Seiten gleichzeitig.

2) Buchchallenges: an welchen nehmt ihr teil? Wenn nicht, warum nicht?

Zur Zeit nehme ich an der LovelyBooks-Themenchallenge teil - wobei mir gerade auffällt, dass ich einiges aktualisieren sollte. Das ist eine Jahreschallenge, bei der man im Grunde nicht viel verkehrt machen kann. Der Druck ist auch nicht sonderlich hoch, weil es sich nur um 20 zu lesende Bücher handelt. Ich würde an weiteren Challenges teilnehmen, aber ich fürchte, dass ich da den Überblick verlieren könnte. Bin ohnehin schon ziemlich chaotisch und ... faul. Schnief. 

Imaginäre Leseregeln habe ich aber trotzdem immer, die sind hauptsächlich für den SuB-Abbau da. Aber bringt nichts, denn ich bin buchflohmarktsüchtig.

3) Viele Leser können mit dem historischen Genre nichts anfangen. Warum glaubt ihr, ist das so? Und wenn ihr doch Anhänger dieses Genres seid, welches Buch könnt ihr ganz besonders empfehlen?

Historische Romane sind oft öde, ist einfach so. Und wenn sie nicht unbedingt öde sind, dann eben nur bedingt. Ken Follett ist zum Beispiel nicht öde. Beziehungsweise seine historischen Romane. Ihn kenne ich ja nicht persönlich. Aber jene sind auch ziemlich umfangreich und dick. Ich verliere da schnell die Motivation. Es ist, als atmete man beim Lesen durchgängig Staub ein.

4) Mit welchem Alter ca. hat deine Liebe zu den Büchern Überhand genommen?

Als ich im Kindergartenalter mit meiner Mama Felix-Bücher angeschaut habe und schon einzelne Wörter daraus lesen "durfte". Ich war dermaßen aufgeregt. Hab sogar einen Felix. Wuhuhuhaha.

5) Was ist dir lieber: ein ganz gemütlicher Leseabend auf dem Sofa, oder ein ganz gemütlicher Buchverfilmungabend auf dem Sofa? 


Immer unterschiedlich. Hängt auch davon ab, ob mein Freund da ist, oder nicht (er liest nicht so fanatisch gerne wie ich). Da ist ein gemütlicher Tatortabend kostbar - kostbarer jedenfalls, als ein schlechtes Buch.

6) Kennst du "Vorablesen", "Lovelybooks", "Büchertreff", "WasLiestDu" und die "Lübbe Community"? Wo bist du noch überall angemeldet (und aktiv)?


Ich bin jetzt seit ca. 3 Sekunden auf "Büchertreff" registriert - danke für den Tipp! Am aktivsten bin ich auf LovelyBooks und WasLiestDu. Bei Lübbe melde ich mich eigentlich nur, wenn ich auf eine vielversprechende Leserunde hoffe, aber in letzter Zeit war für mich nichts dabei. 
WasLiestDu finde ich auf jeden Fall am familiärsten, wobei es auch wie in einer Familie immer wieder kleinere Zickereien gibt. 

7) Könnt ihr euch privat auch mit jemanden so intensiv über Bücher austauschen, oder ist das mehr aufs Internet beschränkt?

Mit meiner besten Freundin geht das prima, nur ist sie leider zur Zeit für ein Jahr in England und ich zögere eine Skype-Anmeldung noch immer hinaus. Ich muss aber auch gestehen, dass ich beim realen Überbüchersprechen ziemlich temperamentvoll werde und, wenn mir mal das richtige Wort nicht einfallen will, etwas hyperaktiv. Das macht so lange keiner freiwillig mit.

8) Hand aufs Herz: habt ihr den SuB-Abbau schon aufgegeben, oder besteht noch Hoffnung?

Zur Zeit besteht Hoffnung, wenn ich mir kein einziges Buch kaufe, solange ich nicht 14 gelesen habe. Meinen ganzen SuB mit etwa 500 Büchern bekommen jedoch noch Jahrzehnte nicht klein.

9) Behaltet ihr eure gelesenen Bücher alle (wenn es möglich ist), oder ist euch das völlig egal, wohin sie gehen, oder woher sie kommen (Hauptsache gelesen.)?

Das ist der Grund, weshalb ich mir nie gern Bücher ausleihe. Ich will sie haben. Und vor allem, wenn sie gut waren, nie wieder hergeben, damit ich bei einem Blick ins Bücherregal wieder weiß, was das eine oder andere Werk mir bedeutet. Ziemlich Elinor-mäßig.

10) Gibt es Blogs, die ihr gerne besucht, weil ihr sie sehr mögt? Wenn ja, was ist das Besondere an ihnen?

Ja, deinen zum Beispiel, liebe Janine. Das ist echt wahr, keine Schleimerei. Du liest auch mal normale Bücher. Also, was ich normal finde. Nicht immer nur so Schmusi-Küssi-Damönchen-Quark. 

11) Mögt ihr solche Blogaktionen, wie diesen Tag hier?

Das kommt ganz auf die Fragen an. Die hier sind ganz gut gelungen! :) Manchmal weiß ich auch ehrlich nicht, was ich bloggen soll, ich bin da eher der Gelegenheitstyp. Ein Tag wie eben dieser sorgt immerhin für Ideen. :)


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Kacki. Jetzt muss ich mir eigentlich Fragen überlegen, aber ich denke, ich nehme einfach die, die ich mir das letzte Mal ausgedacht habe - die etwas schrägeren. Ich hoffe, irgendwer wird die überhaupt, überhaupt (kursiv!) beantworten wollen. Kacki, kacki, kacki.

*  *  *

1. Was würdest du machen, wenn du auf der Stelle fliehen müsstest, aber nur eine gepunktete Wellness-Socke hast, in der du das Nötigste transportieren könntest? Was packst du ein?

2. Wenn deine gepunktete Wellness-Socke nun deine Tasche ist, womit wärmst du den nackten Fuß?

3. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: [1] Du hast etwas Schweres/Spitzes eingepackt und während du läufst, reißt die Socke. welches Geräusch machen die herausfallenden Gegenstände auf dem Boden? [2] Zum Glück hast du nichts Schweres oder Spitzes eingepackt (auch kein Hardcover-Buch) und du kannst getrost fliehen. Wohin würde dich dein Weg als erstes führen?

4. Wovor rennst du eigentlich weg?

5. Du wachst auf. Alles war nur ein Traum (wie in diesen schlechten Kurzgeschichten). Welche Farbe hat eigentlich deine Bettdecke?

6. Wenn du, während du dich fragst, warum du diese bescheuerten Fragen beantwortest, an die Zimmerdecke hochschaust, was würde dich, von ihr herabhängend und zurückstarrend, am meisten beunruhigen?

7. Was glaubst du, welche Farbe das Kissen hat, auf dem ich gerade sitze?

8. Bei welcher Frage hast du erstmals überlegt, wieso du diese bescheuerten Fragen beantworten willst?

9. Merkst du, dass ich keine Ahnung mehr habe, was ich fragen könnte?

10. Das ist die letzte Frage. Angenommen, du freust dich darüber und machst gar ein Freudentänzchen. Welches Lied läuft dabei (im Soundtrack deines Lebens) im Hintergrund?

* * *

So. Wen nominiere ich?

1. Jenny (Bücher Keks' Welt)
2. Charlyne (Lieber lesen)
3. Lole (read it!)
4. Stephanie (Zitroschs Leseland)
5. Sophie (Sophies Buchwelt)
8. Elli (Bücherkind)
9. Palu (Sweet Birds)
10. Carmen (Carmens Leseecke)

(Jetzt bin ich gespannt, wer sich darauf einlassen wird - und was für seltsame Ergebnisse dabei herumkommen)



ENDE
* * *

Dienstag, 23. September 2014

Together readen


Oooouu, hey, my dear friends and fishies. Let us reeeaaaaaad together! Yeah, man! Maaaan!

*  *  *

1. Welches Buch liest du gerade und auf welcher Seite bist du?




107/255


2. Wie lautet der erste Satz auf deiner aktuellen Seite?
„Im Schweiß und Brodem eines eklen Betts“, dachte Katherine, die die Feuchtigkeit der Laken spürte, als sie vergeblich nach dem Wecker auf dem Nachttisch griff.

3. Was willst du unbedingt aktuell zu deinem Buch loswerden? (Gedanken dazu, Gefühle, ein Zitat, was immer du willst!)


Ich liebe es, ich liebe es, ich liebe es! Die perfekte Satire über den ewig sinnlosen Versuch, das beste Buch des Jahres zu küren.




4. Kannst du dich dran erinnern, welches das erste Buch war, dass du jemals selbst gelesen hast? Fing deine Buchleidenschaft schon direkt mit diesem ersten Buch an?

Ich weiß es nicht mehr hochprozentig genau, aber verweise hier gerne auf die Felix-Bücher, die ich im Kindergarten gelesen habe. Mit sehr viel Mühe und Spaß. :) Also: Ja. Ich war sofort verzaubert.

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Samstag, 20. September 2014

Papier, das nach Erzählfreude duftet.

Alice Munro
Tanz der seligen Geister
Erzählungen


Irgendwann zwischen 1930 und 1950. Wann genau, ist doch egal. Im Grunde ist auch egal, wo genau (wenn man mal davon absieht, dass Hintergründe aus jener Zeit erzählungsspezifisch relevant sein könnten). Fünfzehn Erzählungen handeln davon, erwachsen zu werden und Selbstständigkeit zu erlangen, hinter die Fassaden des täglichen Lebens zu schauen. In ihrer Heimat wurde die Autorin mit dieser ersten Kurzgeschichtensammlung berühmt, erst vor wenigen Jahren kam die deutsche Übersetzung daher. Einfach so.

Stile unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht, da steht das Geschlecht des Autors als Kriterium eher an einer hinteren Stelle.
 Bei Alice Munro, der letzten Literaturnobelpreisträgerin, macht es umso mehr aus. Jede Erzählung, auch wenn mal keine Frau Protagonistin ist, hat etwas umwerfend Feminines an sich. Womöglich ist es auch die grazile Feinheit, mit welcher jedes Wort an seinen optimalen Platz gerückt wurde. Oder ist es die noch lange nachhallende Stille im Anschluss an jede Handlung, beinahe wie der Vorwurf einer nachtragenden Erzählerin im Anschluss an ein klärendes Gespräch? Was das angeht, bin ich mir jedenfalls sicher: Man könnte einem eine ganz andere Geschichte vorlegen; nach wenigem Lesen weiß man genau, ob es sich um ein Munrosches Werk handelt.

Keine Action, kein Blutvergießen, kein großes Drama. Mit diesem Band hält man gewissermaßen eine Kostbarkeit in den Händen, einen Zeugen hoher, sehr, sehr hoher literarischer Kunst. Nietzsche hat mal etwas geschrieben. Also, eigentlich recht viel.
 Und ich kenne den genauen Wortlaut auch längst nicht mehr.
 Es ging um Schlichtes und Sensationelles, den Unterschied zwischen einem wahren Künstler und einem, der eigentlich gar nichts drauf hat - abgesehen von Zahnbelag vielleicht, aber der Witz ist veraltet und wirkungslos geworden. Ein Möchtegern braucht Sensationelles, Ungewöhnliches und vom Hocher Reißendes, denn nur dann gebührt seinem Schaffen eine Aufmerksamkeit: nur so betrachtet man überhaupt sein Werk. Ein wahrer Künstler ist aus dieser Phase bereits hinausgewachsen; ihm reicht der Blick auf die wesentlichen Dinge des Lebens, das Alltägliche. Daraus schafft er, was dem Möchtegern verwehrt bleibt. 

Alice Munro ist so ein Möchtegern. Reingelegt. Alice Munro ist eine wahre Künstlerin. Dass sie das einmal werden würde, ist schon in diesem Debütband, dessen Erzählungen erstmals 1968 zusammen erschienen sind, klar zu erkennen.
 Ich finde die Lektüre beinahe frustrierend, denn wie soll man jemals an ihre scheinbare Mühelosigkeit, ihre offene, widersprüchliche und doch vollkommen widerspruchslose Eleganz herankommen? Jede Geschichte ist federleicht und doch schwer genug, dass sie eines lauen Abends vom Himmel auf die trostlose Erde herabgeschwebt kam. So kommt es einem vor. Trotzdem hallt in ihnen das irdische Leben wider: Erwachsenwerden, Emanzipation, diffizile Verhältnisse, der eigene Stellenwert in Gesellschaft und Familie. Autobiografische Details (wie das Leben auf einer Fuchsfarm) garantieren eine ausnahmslos glaubhafte Szenerie.
 Was mich als Leser jedoch am meisten faszinierte, waren gar nicht mal die Erzählungen an sich. Hauptsächlich blieb mir hinterher die Liebe zu ihnen in Erinnerung, nach der die Buchseiten förmlich gerochen haben. Als gehörten sie alle zu einer großen Familie. 

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Alice Munro; Tanz der seligen Geister.
Verlag und Bildquelle: S. Fischer Verlage
Seiten: 380 (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-596-18875-8
Preis: 9,99€ [D]

Herbstliche Lektüre auf dem Klo + Neuzugang

Meine Klolektüre hat mir neulich nachts, als alles schlief außer mir, die erste richtige Herbststimmung verpasst. Mit einigem albernen Gekicher. Das Zitat wandert direkt auf die Seite meiner liebsten.


Suchen wir denn zuviel, wenn wir den Umgang von Männern suchen, welche mild, wohlschmeckend und nahrhaft geworden sind wie Kastanien, die man zur rechten Zeit ins Feuer gelegt und aus dem Feuer genommen hat?
      [Friedrich Nietzsche: Morgenröte; Gedanken über die moralischen Vorurteile]

Ich hätte diese Worte ja liebend gern Wladimir Putin auf die Zunge gelegt, aber dann würde ich ja lügen, und ich lüge nie, außer, wenn ich mit Drama um mich schmeiße. 
Der Herbst ist für mich jedenfalls da. Nur deshalb. Nur dank Freddy Nietzsche.

Ach ja: Klolektüre. Oder auch Toilettüre. Oder Kackabuch. Hat nicht eigentlich jeder so etwas? Meine Eltern jedenfalls nicht, dafür lasse ich ihnen aber den Nietzsche ganz unauffällig auf der Kommode liegen. Vielleicht reizt er ja - zum Philosophieren. Glaube ich aber eher weniger. Will auch nicht unbedingt, dass mein Nietzsche von irgendwelchen Gästen angefasst wird, die hygienische Leichen im Keller lagern ... Bah! Exkremente auf Nietzsches Schnäuzer!
Womöglich ist dieses Geschreibsel hier das Ende meines Lebens als Mädchen, das auf der Toilette liest!


Spätestens jetzt müssten die Erwartungen einen Tiefpunkt erreicht haben, was den Neuzugang angeht, der gestern in meine gierigen Finger gewandert ist. Also, nicht in die Knochen rein; meine Ausdrucksweise lässt manchmal wirklich zu wünschen übrig.

Jedenfalls glaube ich fast, der Titel ist Programm. Was natürlich nicht geht, aber dazu komme ich bald. Nicht heute, aber bald. Ich weiß jetzt schon, wie die Rezension in etwa ausschauen wird, denn meine Begeisterung hat Flügel bekommen, als hätte ich zu viel RedBull genossen. (RedBull schmeckt gar nicht. Wie flüssiges Kaugummi. Nur mal so nebenbei.)




Erschienen am 1. September 2014 im Piper-Verlag, handelt der Roman davon, dass es eigentlich unmöglich ist, den "Besten Roman des Jahres" im Rahmen einer Preisverleihung zu küren. Der Titel ist somit nicht etwa ein Zeichen bodenloser Arroganz, sondern geht in die Tiefe. In die Tiefen des aktuellen literarischen Ozeans, jeder Tropfen Wasser ein Titel, jeder Schwarm eine Shortlist, jedes Riff eine Longlist. Oder irgendwie so.
 Erster Satz der Seite, auf der ich mich gerade befinde (nicht körperlich, sondern mit den Augen):
Seite 37: Es klingelte an der Tür.

Ich lache gerade wie ein Filmbösewicht, weil der Satz so herrlich nichtssagend und doch neugierigmachend ist. Die Rezension wird etwa nächste Woche folgen. Ich liebe den Roman schon jetzt!



Mittwoch, 17. September 2014

Wie Großtantes üppiger Busen

Romy Hausmann
Lisa heißt jetzt Lola und lebt in der Stadt





Lisa würde lieber Lola heißen. Das ist ganz normal. Ich wollte früher auch lieber Bibi Blocksberg sein. Und Lisa klingt nun wirklich langweilig. Abgesehen davon hat die Protagonistin dieses Romans ganz andere Probleme: Seit ihre Mutter Suizid begangen hat, lebt sie bei ihrer Oma und ihrem psychisch labilen Vater. Das macht auch ohne Taschenrechner 0,0% pädagogisches Talent. Dazu noch in diesem Kaff, wo sich Karrierechancen auf den Titel einer Wurstfachverkäuferin beschränken. Kein Wunder, dass das Mädel eines Tages ausreißt - ohne Plan; ohne die Fähigkeit, Ansätze eines Planes zu entwickeln. Hat das Dorfleben jeden Funken Liebe in Lisas Leben verschluckt? Kann wenigstens eine Großstadt wie München ihr ein ordentliches Bild rosaroter Träume zeichnen? 


 Mein Papa weigert sich, folgende Wahrheit zu akzeptieren: Wenn meine Freunde langhaarig sind, heißt das nicht gleich, dass sie kiffen.
Und wenn der Titel eines Buches auf dem Cover schnörkelig ist, dann heißt das nicht gleich, dass es hinter der Fassade auch flauschig und lieb zugeht. So. Der Meister der Weisheiten hat gesprochen.

Die junge Autorin zeigt in diesem Werk viele (hoffentlich nicht alle) Facetten ihres Könnens. Dynamische Assoziationsketten, zeitgenössischen Wortwitz, durchdachte Charaktere. Was den Stil des Romans am meisten ausmacht, ist der bitterböse Humor, der es schafft, niveauvoll unter die Gürtellinie zu gehen. Was ich jedoch niveauvoll finde, muss es nicht unbedingt auch sein.
 Wenn ich derartige Witze in einer Menschentraube mache, schauen mich erst alle Leute erschrocken, dann angewidert an. Und irgendwie werde ich dann aus der Traube hinausbefördert. Als ob die Frucht Stuhlgang hätte - ich in der Rolle des Exkrements. Meistens merke ich das erst im Nachhinein, weil ich in der Regel viel zu sehr mit Lachen beschäftigt bin. Doch plötzlich stehe ich allein da (leises Klaviergeklimper an). Traurig. Über mir die einzige, winzige Regenwolke des warmen Sommertages. Und Tränen auf meiner Wange. Viele Tränen. Wer das liest, muss sich ein abgrundtiefes Seufzen vorstellen, und jetzt (!) vergessen, was er gelesen hat (denn das war ja offensichtlich übertrieben ... echt! Ach ja: Klaviergeklimper aus).

 Eigentlich - wenn ich das mal so formulieren darf - scheiße ich auf meinen Job. Natürlich nur im übertragenen Sinne, denn obwohl ich nicht viel darüber weiß, über meinen Job, meine ich, bin ich mir ziemlich sicher, dass man nicht auf die Wurstauslage kacken sollte. 
 [S. 5 - habe ich ja beim Gemeinsamen Lesen schon erwähnt]
Tja. Jetzt ist Festhalten und Anschnallen angesagt, denn: Ich finde den Roman ganz und gar nicht witzig. Nicht, dass ich nicht gekichert hätte. Ich habe sogar sehr viel gekichert, aber irgendwie gehört es sich einfach nicht, über Lisas Schicksal zu lachen. Sie ist emotional gestört und davon überzeugt, dass sie niemals jemand lieben wird. Jäh aufkeimende Hoffnungen werden zerdeppert, bevor sie erst richtig aufkeimen können. Dann dieser nervtötende Charakterzug: Das Schwarzsehen. Nie die Initiative zu ergreifen, und wenn doch, dann jämmerlich scheitern - warum? Weil Lisa klammert. Dieser Mix aus Klammern und Wegwerfen ist bisweilen zu viel für einen armen, psychologisch ungeschulten Leser. Und auch meine geliebten Assoziationsketten  und Perspektivwechsel, diese ganzen rhetorischen Spielereien können einen überrennen wie eine Horde Ochsen. Was der eine originell findet, kann den anderen schnell erdrücken wie Großtantes üppiger Busen. Oder umhauen wie ihr miefiger Atem. Da hätte man sich tatsächlich ein wenig zurückhalten können. Nicht müssen.

Mich hinterließ dieses Buch jedenfalls fasziniert, deprimiert, frustriert. Erleichtert und bemitleidend. Einerseits mit einem blinkenden Fragezeichen über dem Kopf, andererseits ... Nein, das kann ich so nicht weiterführen. Ich meine, wer hat schon ein Semikolon oder einen Doppelpunkt ... 
Die Charaktere sind zum Verrücktwerden. So, wie echte Menschen. 
Die Geschichte trägt einen starken Sarkasmus, oft auch schon Zynismus auf der Oberfläche, wie es mit manchen Personen ist, die im Inneren tieftraurig sind. 


Ich merke schon, dass die Stimmung an irgendeiner Stelle eingefroren sein muss. Zum Schluss also ein paar tröstende Worte an Lisa höchstpersönlich:
 Lisa. Kopf hoch! Lola klingt wirklich besser. Aber du heißt nun einmal Lisa, bis du deinen Namen offiziell geändert hast. Aber das macht gar nichts. Ich bleibe auch ich. Nicht, weil ich nicht Bibi Blocksberg sein könnte, sondern, weil ihre Stimme so nervig ist (in beiden Varianten). Außerdem findet sich immer wer, der auf Großtantes üppigen Busen steht. Großonkel, zum Beispiel. Und es gibt Leute, die lassen sich von Ochsen nicht so einfach umrennen. Die schwingen sich auf deren Rücken und reiten sie. So. Der Meister der Weisheiten hat gesprochen - und verschwindet in einer türkisen Rauchwolke, mit einem omnipräsenten, zarten, magischen Plöppen.


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Erschienen am: 11.08.2014
Verlag und Bildquelle: Heyne
Seiten: 288 (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-453-41767-0
Preis: 8,99€ [D]

Dienstag, 16. September 2014

Gemeinsam wieder auferstehen

Gefunden auf Otto. Nein, bei Weltenwanderer.



Wow, das hier habe ich ja ewig nicht mehr gemacht! Ewig! Ewiglich! Ewigst! Ich könnte hierüber glatt eine neue Vampirsaga schreiben - wenn ich denn nicht so dermaßen faul wäre und nicht sowieso schon viel zu viele Vampire die Literatur verpesteten. Nun gut.
 Endlich findet sich wieder etwas Zeit für gemeinsames Lesen. Ich habe nämlich Schnupfen. Eigentlich kann ich im Minutentakt den Bildschirm nicht mehr erkennen, weil mein Auge tränt. Erst das rechte, dann das linke, immer abwechselnd. Ob das eine Choreo ist? Bestimmt haben die auch irgendwo einen Ghettoblaster versteckt und eine riesige Spiegelwand in meinem Hirn. Eins, zwei, drei, vier - fünf, sechs, sie-ben, acht! Und Kick! Und Drehung! Und Träne! Eins, zwei, drei, vier - und so weiter. Ich kann zwar zählen, aber hier geht es um Bücher! 


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1. Welches Buch liest du gerade und auf welcher Seite bist du?

Ich lese gerade "Lisa heißt jetzt Lola und lebt in der Stadt" von Romy Hausmann - bin auch schon fast durch!

 256/286


2. Wie lautet der erste Satz auf deiner aktuellen Seite?
„Ohne etwas zu sagen, stelle ich die Tassen auf den Tisch und setze mich, während die Kaffeemaschine im Hintergrund glucksende Geräusche von sich gibt.“
 [Doofer erster Satz!]



3. Was willst du unbedingt zu deinem aktuellen Buch loswerden? (Gedanken dazu, Gefühle, ein Zitat, was immer du willst!)


 Eigentlich - wenn ich das mal so formulieren darf - scheiße ich auf meinen Job. Natürlich nur im übertragenen Sinne, denn obwohl ich nicht viel darüber weiß, über meinen Job, meine ich, bin ich mir ziemlich sicher, dass man nicht auf die Wurstauslage kacken sollte. 
 [S. 5]


4. In welches Genre würdest du dein Buch einordnen? Liest du hauptsächlich solche Bücher oder ist dir das Genre egal?

Erst könnte man meinen, dass man den Roman in die Humor-Schublade stecken kann. Ich muss aber zugeben, dass er mich gewissermaßen ziemlich traurig macht, fast schon deprimiert - denn es ist die Geschichte eines verkorksten Mädchens, das alles schwarzsieht. Keiner liebt sie, denkt sie. So ist sie die meiste Zeit über unglücklich und zudem wegen des Suizids ihrer Mutter vor einigen Jahren noch immer traumatisiert. Trotzdem muss man schmunzeln, wenn in dem verrückten Schreibstil der Autorin immer wieder schräger Sarkasmus auflebt. 
Ich lese generell alles querbeet. Außer Erotik. Noch. Naja. Schluss jetzt.


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Donnerstag, 11. September 2014

Zum Anbeißen

Richard C. Morais
Madame Mallory
und der Duft von Curry



Hassan erblickt nicht nur einfach das Licht der Welt, er erschnüffelt es. Nein, nicht wie ein Hund. Auch nicht wie Grenouille, nicht einmal annähernd. Also noch einmal von vorn: Als Hassan geboren wird, seine Sinne für die Welt geöffnet werden, untermalt der Duft scharfen Currys die Szene. Das prägt maßgeblich sein späteres Leben als Koch, ist aber keineswegs der Grund für sein unglaubliches Talent (er hat es einfach): ein seltenes Gespür dafür, was wirklich schmeckt und wie man es zubereitet. Zufällig treibt das Schicksal seine Familie aus ihrer Heimat und quer durch Europa, zu einer kulinarischen Reise der Extraklasse. Haften bleibt unser Protagonist in Frankreich, wo seine Gabe sich erst entfalten kann. Dies ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Karriere.


Das Cover und die Form des Buches zum Film wirken gewissermaßen irreführend. Suggeriert wird offensichtlich eine Liebesromanze mit französisch-exotischem Touch. Das ist doch Quark. In Wirklichkeit geht es um viel mehr als das, in Wirklichkeit ist das Ganze sehr viel kreativer und auf keinen Fall derartig fad. Man kann da wirklich nur die Nase rümpfen. Das tue ich in diesem Augenblick sogar.
Mit interessanten und charmanten, oftmals eigensinnigen Charakteren bietet Madame Mallory und der Duft von Curry (auch: Madame Mallory und der kleine indische Küchenchef) so viel mehr als ein immergleicher Nicholas Sparks. Nichts gegen Nicholas Sparks.

Der Roman hätte auch heißen können: Kochen mit Buchstaben. Wobei es sich weder um Buchstabensuppe noch um Russisch Brot handeln dürfte, denn das mag ich beides nicht. Ich werde paranoid, wenn mein Essen mir Botschaften sendet. Also: Kochen mit Buchstaben. Oder: Morais - ein Künstler. Wie man ein Buch schreibt, das beim Lesen Düfte absondert. Kleingedrucktes versichert dem Leser: Garantiert ohne Furz und Käsefüße.

Aber jetzt mal im Ernst. Selten passiert es mir, dass ich bei Beschreibungen von Düften, Lebensmitteln und Gerichten - in einem Roman, wohlgemerkt - Opfer einer übermäßigen Speichelproduktion werde.
Die Atmosphäre ist dicht und überaus plastisch. Als Leser wird man auf die Reise der indischen Familie mitgenommen und sieht die Orte so deutlich vor Augen, als ob sie wie in einem Videospiel vor des Lesers Nase generiert würden. Mit Geräuschen, Menschen, Gerüchen, mit der individuellen Stofflichkeit der Szene. Also doch eher ein Videospiel mit futuristischer Umsetzung.

Die vielen Zeitraffer und Ortswechsel können jedoch auch das Gegenteil bewirken, das kommt auf den Leser an. Wer eine Vertiefung braucht, eine Art Omnipräsenz von einem gewissen Ort und bekannten Gesichtern, der wird womöglich mit der Dynamik der Handlung nicht unbedingt warm. Tatsächlich wirkt das Geschriebene eher wie eine Biografie, wobei man nicht vergessen darf, dass jedes Leben ein Abenteuer ist. 

Dieses wird durchzogen von einer gehörigen Portion Familienzusammenhalt, einem kleinen bisschen Liebe und vor allem: Frankreich. Paris. Nach all den Eindrücken verschiedenster Orte hier einer, an dem die Geschichte auf ihre Art sesshaft wird. Ich halte nicht unbedingt viel von dem Mädchenfilm-Image von Paris, aber während ich mich quasi selber dort befand, liebte ich es. Einfach, weil Liebe hineingeschrieben worden ist. Während ich das hier abtippe, befinde ich mich selbstverständlich wieder außerhalb der Geschichte. Und bin auch kein Fan von Paris mehr. 

Der Fokus bleibt allerdings bei Hassans Karriere. Wer schnulzige Romantik erwartet, erhofft, muss rechtzeitig die Leiter von seiner siebten Wolke wieder hinunter zur Erde finden. Oder sie löst sich unter seinem Hintern auf. Dann könnte im Grunde alles passieren. Hinge von unzähligen Faktoren ab, zum Beispiel von der eventuellen Existenz von Schonern, Helm, sonstigem Körperschutz. Außerdem ist wichtig, worauf man fällt. Und, falls die Wolke sich über einem Ozean auflöst, der Grad der von dessen schuppigen und nichtschuppigen Bewohnern ausgehenden akuten Gefahr. Was sich kompliziert ausdrücken lässt, geht eigentlich auch einfach. Rosarote Brille ab, Horizont erweitern. Hat auch, wenn man darüber nachdenkt, einige Vorteile. Wenn man diese dann nutzt, wie eine plötzliche Lust, sich am Herd zu versuchen, können die passenden Rezepte im Anhang des Buches eine Inspirationsquelle darstellen. 

Resümierend sollte man froh sein, dass dieser besondere Roman verfilmt worden ist. Welch ein Sakrileg, verschwände er im Sumpf der vergessenen Geschichten.
 Wenn man ihn ausgelesen hat, fühlt man sich so satt wie nach einem üppigen Mahl. Zufrieden satt. So zufrieden, dass man die oberen Knöpfe seiner Hose öffnen und seinen irgendwie riesig gewordenen Bauch liebevoll betätscheln will. Ein tolles Buch. 

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Erschienen am: 11.08.2014
Verlag und Bildquelle: Piper
Extras: farbige Filmbilder, Rezepte im Anhang
Seiten: 400 (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-492-30620-1
Preis: 9,99€ [D]

Alternativ: Madame Mallory und der kleine indische Küchenchef (keine Filmversion)
Erschienen am: 12.11.2012
Verlag: Piper
Seiten: 400 (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-492-30132-9
Preis: 9,99€ [D]

Sonntag, 7. September 2014

Nicht unbedingt unvergesslich, aber auch nicht übel.

Rowan Coleman
Einfach unvergesslich






Claire findet, dass sie im Grunde zu alt ist für ihren Ehemann Greg. Sogar Caitlin, ihre Tochter, meint, es wäre logischer, wenn sie selbst mit ihm eine Beziehung führte - nicht, dass sie es so wollte. Niemals. Aber theoretisch?

Nun ist es vollkommen egal, wofür Claire zu alt ist. Für eines ist sie unumstritten zu jung: Alzheimer. Der Nebel, der sich in ihrem Geist ausbreitet, ein ihr verhasster, dicker Nebel, findet das ganz und gar nicht.



Ein weiterer Roman über die Tücken des Vergessens. 

Alzheimer lässt uns alle schaudern, egal, ob wir bereits Umgang mit Patienten hatten, jemand Betroffenes in der Familie, oder ob wir uns einfach vorstellen: Was wäre, wenn? 

Insofern lässt sich trocken behaupten, dass dieses Thema für eine Geschichte, die unter die Haut gehen soll, schon einmal die beste Grundlage bietet. Geht immer. Und ist auch immer irgendwie faszinierend. Inwieweit die geschilderten medizinischen Umstände der Wahrheit entsprechen, kann ich als Laie kaum beantworten. Für mich klang das alles ganz glaubwürdig. Aber wie soll ich das objektiv bewerten? Immerhin haben sogar mir die Tränendrüsen gejuckt. 

Eine sehr einfache Sprache mit einem bisschen "hyper" und "mega" zeichnet den Roman wie ein Jugendbuch aus. (Nein, nicht wie schlechte Techno-Töne.) Dadurch werden Perspektivwechsel zwar gestützt und angereichert, der Gesamtanspruch liegt jedoch somit lediglich bei dem Thema der Demenz, weniger bei der literarischen Darstellung. Das kann man so oder so sehen. Die aufgebauten Emotionen gehen hier ganz unverblümt auf den Leser über, zugleich mutet die Atmosphäre so typisch und alltäglich an, dass man sich umso besser in die Rolle der Protagonisten hineinversetzen kann. Das ist für einen Roman, der von den (unterdrückten) Tränchen der Leser lebt, entscheidend. Außerdem denkt ein Mensch, dessen Geist dem Verfall unterliegt, zunehmend einfacher. Bei Claire ist es sogar so, dass sie sich in ihre Jugendzeit zurückversetzt fühlt und sich an frische Liebe klammert, vom Simpelsten lebt und überlebt. Sie weist immer mehr Parallelen zu ihren beiden Töchtern auf. 

Wenn nun aus Caitlins Sicht erzählt wird, die typische Mädchen-Jugendbuch-Probleme hat, und dann aus der Sicht ihrer kranken Mutter, die nun ebensolche Probleme zu haben denkt, sind die Perspektiven und Erinnerungen von Oma Ruth und Greg frischer Wind. Irgendwie erwachsene Luftbläschen. Die Autorin schafft hier einen wirklich notwendigen Ausgleich.
Was das Ende angeht, von dem hier nichts verraten wird: Ich halte es für einen Hauch in die Länge gezogen. Als ich den "Das war's"-Moment hatte, diesen Seufzer, auf den normalerweise ein Buchzuklappen folgt, ging es noch weiter. Aber das ist nicht weiter wichtig, wenn man bedenkt, dass womöglich andere Leser diesen seltsamen "Das war's"-Moment genau dann haben, wenn es das auch wirklich war. Ich mag es nur nicht, wenn man sich an einem Punkt alle möglichen bisher offenen Fragen selber beantworten kann und dann trotzdem eine Erklärung auf alles folgt. Es sei denn, es handelt sich um einen Krimi, denn da liege ich meistens falsch.

Was diesen Roman vor allem ausmacht, ist nicht die Tragik seines Themas der Krankheit. Vielmehr scheint er eine Hommage an Liebe und Familienverbundenheit zu sein. Coleman schreibt über die eigentümliche Liebenswürdigkeit von Frauen in verschiedenen Generationen; dass sie einander ebenso ähneln wie sie sich unterscheiden, und dass eben hier die Quelle des starken Zusammenhalts liegt, stärker sogar als unüberwindbare Schicksalsschläge. All das bewerkstelligt Rowan Coleman hier wunderbar - da darf die Sprache ruhig etwas einfacher sein.

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Erschienen: 11.08.2014
Verlag und Bildquelle: Piper
Seiten: 416 (Paperback)
ISBN: 978-3-492-06001-1
Preis: 14,99 € [D]


Übrigens: Die Farben des Covers weichen etwas ab. Im "RL" sind die Kreise neonorange.